Nüsse im Aufschwung

Was sind überhaupt Nüsse

Botanisch gesehen sind Nüsse Schliessfrüchte, bei denen alle drei Schichten des Perikarps verholzt sind. Das heisst, die echte Nuss wird von einer einzelnen harten Schicht, der Nussschale, umschlossen. Demnach sind nur die Haselnuss und die Macadamianuss echte Nüsse. Alle anderen Nüsse tun nur so, als wären sie welche. Ein Grossteil von diesen sind Kerne von Steinfrüchten. Das bedeutet, dass sie von fleischigem Fruchtfleisch umgeben sind, so wie man es von der Kokos- und Walnuss kennt. Hat man ein Rasterelektronenmikroskop zur Hand, kann man allerdings feststellen, dass die Walnuss eigentlich auch eine Nuss ist, da ihre grüne Hülle nur aus Blattorganen besteht. Kurz: Nüsse botanisch einzugrenzen, ist äusserst kompliziert. Einigen können sich Botaniker und Laie auf die Merkmale der harten Schale und des hohen Fettgehaltes. Als Samen oder Kerne sind Nüsse so aufgebaut, dass sie unter guten Bedingungen selbst zur Pflanze werden können. Die Energie, die der Pflanzenembryo für das Wachstum benötigt, ist in Form von Fett aufwändig, aber platzsparend angelegt. Die harte Schale schützt ihn vor äusseren Einflüssen oder den Verdauungssäften der Tiere, mit denen viele Steinfrüchte eine Koevolution eingegangen sind.[1]

Haine anstatt Äcker

Nüsse stammen in der Regel von mehrjährigen Bäumen. Das macht sie zu interessanten Kandidaten, wenn es um die Einschätzung der Klimabilanz geht. Beim Aufbau von Masse bindet jede Pflanze atmosphärischen Kohlenstoff. In der Regel wächst die gespeicherte Menge im Verlauf des Lebens der Pflanze an und wird nach ihrem Tod, durch einen Zersetzungsprozess oder Feuer mehrheitlich wieder an die Atmosphäre abgegeben[2]. Bäume können als langlebige, verholzte Pflanzen mit grosser Masse mehr Kohlenstoff binden als einjährige Ackerpflanzen. Durch diesen Umstand sind Haine grössere Kohlenstoffsenken als bewirtschaftete Äcker und somit klimafreundlicher. Eine Ausnahme bildet dabei die Erdnuss. Sie gehört zu den Hülsenfrüchten, der Familie der Erbsen und Bohnen. Somit ist sie, anders als die übrigen Nüsse nicht verholzt und einjährig. In der Klimabilanz schliesst die Erdnuss daher schlechter ab, ist dafür aber anspruchsloser im Anbau und benötigt weniger Wasser.

Fettgehalt und Folgen

Die Herstellung und Verarbeitung von Nüssen ist in der Regel aufwändig und benötigt viel Zeit und Wasser. Die Bildung von Nüssen ist wegen des hohen Fettgehaltes für die Mutterpflanze selbst energiezehrend und daher begrenzt - die Erträge entsprechend klein. Dasselbe gilt auch für andere Fettlieferanten: Raps, Sonnenblumen, Avocados und Ölpalmen liefern im Verhältnis zu ihrer Masse kleine, aber energiedichte Nahrungsmittelmengen. Die Produktion von pflanzlichem Fett ist immer mit grossem landwirtschaftlichem Aufwand verbunden, unabhängig von der verwendeten Pflanze. Noch schlechter ist die Umweltbilanz von tierischen Fetten - die Umwandlung von pflanzlicher Nahrung in tierisches Fett ist aufwändiger als die Produktion von pflanzlichem Fett durch die Pflanze selbst. Fette und Öle sind essentiell für die menschliche Ernährung (neben Zucker/Kohlenhydraten und Proteinen) und eine hohe Energiedichte kann somit als wertvoll erachtet werden. Allerdings ist der Konsum energiedichter Lebensmittel in der westlichen Ernährung bereits zu hoch, was vermehrt zu Wohlstandskrankheiten führt, wie Diabets, Krebs und Herz - Kreislaufkrankheiten). Nicht nur für den Planeten, sondern auch für unsere Gesundheit wäre es daher von Vorteil, der Fett- und Zuckerkonsum würde gedrosselt werden.

Der Boom und seine Probleme

Nüsse erleben im Moment einen globalen Boom. So wie bei anderen aufstrebenden Lebensmitteln wie Avocados oder Quinoa, sorgte auch die wachsende Nuss-Produktion in letzter Zeit für die eine oder andere negative Schlagzeige. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, dass die Probleme häufig komplex sind und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können. So wird beispielsweise der hohe Wasserbedarf von Nüssen häufig diskutiert. Tatsächlich haben Nussbäume einen hohen Wasserbedarf und benötigen als Langzeitinvestition auch in Dürrezeiten Bewässerung. Gerade wenn im grossen Stil angebaut wird, so wie die Mandel in Kalifornien, kann es in Dürreperioden zu Wasserknappheit kommen, die mit nicht erneuerbarem Grundwasser gedeckt werden muss. Der vermehrte Anbau von Nussbäumen führt allerdings nicht zwingendermassen zu einer geringeren Wasserverfügbarkeit in den Anbauländern. An der Elfenbeinküste beispielsweise kann der Cashewnuss-Baum eingesetzt werden, um von der Landwirtschaft ausgelaugte und ausgedorrte Böden aufzuforsten. Dies bringt nicht nur ein sicheres Einkommen für Kleinbauern, sondern schützt die Böden vor Erosion und verbessert ihre Wasserspeicherkapazität. Oftmals sind Nüsse nicht Hauptverursacher von Wasserknappheit, sondern reihen sich in die Liste anderer ebenfalls durstigen, aber wenig bekannten Problempflanzen ein. Durch die Verdrängung von wasserintensiven Zuckerrohrplantagen, führt die wachsende Macadamianuss-Produktion in Südafrika zum Beispiel eher zur Verbesserung der Wasserbilanz[3]. In Kalifornien wird der Wasserverbrauch der Mandel noch von dem der Luzerne übertroffen. Trotz ihres niedrigen Markpreises und des hohen Wasserverbrauchs, erfreut sie sich grosser Beliebtheit und wird grossflächig kultiviert. Im Gegensatz zur Mandel ist sie als Futtermittel jedoch nicht für die die menschliche Ernährung geeignet, sondern verschwindet in der Verdauung von Wiederkäuern.

Nuss ist nicht gleich Nuss

Auch wenn Nüsse als Lebensmittelgruppe ähnliche Eigenschaften aufweisen, so ist doch jede Nusssorte einzigartig und hat ihre Eigenheiten und Probleme in Anbau und Produktion. Während die Mandel hauptsächlich Probleme mit der Bestäubung bringt, sind Pistazien, Haselnuss und Walnuss windbestäubt. Während der Anbau der Cashewnuss eine grosse Chance für afrikanische Anbauländer ist, ist ihre Verarbeitung für ungeschützte Arbeiterinnen in Indien gefährlich und mühselig. Die Paranuss hat den umweltschonendsten Anbau, weil sie nicht kultiviert werden kann und auf einen intakten Regenwald angewiesen ist. So wie Steinpilze bei uns, werden Paranüsse immer in der Natur gesammelt. Somit verleihen sie dem intakten Wald einen monetären Wert, der zu dessen Schutz beitragen kann. Wer lange Transportwege verhindern möchte, kann auf europäische Wal- und Haselnüsse zurückgreifen. Einheimische Nüsse gibt es bis jetzt allerdings erst in unbedeutenden Mengen: Die Schweizer Nussproduktion ist im Moment noch so klein, dass ihre Ernte in der Regel im Direktverkauf landet. Eines dieser Beispiel sind die Bio Haselnüsse von Andreas Gauch's Haselnussbetrieb in Niederwil AG.

Text von Marius Dihr

[1] Echte Nüsse benutzen meistens die Versteckausbreitung und Steinfrüchte die Verdauungsausbreitung

[2] Ein kleiner Teil des Kohlenstoffs gelangt nicht mehr zurück in die Atmosphäre, sondern wird im Boden gespeichert. Somit sind Böden wichtige Kohlenstoffsenken. In sehr seltenen Fällen und unter günstigen Bedingungen kann Pflanzenmaterial im Boden konserviert, und der Kohlenstoff effizient gespeichert werden. Produkte dieses Prozesses sind Erdöl, -gas und -kohle.

[3] Diese Einschätzung beruht auf den Aussagen lokaler Experten und dem Wasserbedarf pro Anbaufläche

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